Dienstag, 1. Dezember 2015

Grenzen des linken Populismus in der Türkei


Von Errol Babacan und Murat Çakır

Nach den Neuwahlen am 1. November 2015 ist die Enttäuschung in der linken und kurdischen Opposition der Türkei groß. Die AKP erzielte ein Ergebnis nahe an 50 Prozent, womit sie erneut über eine absolute Mehrheit verfügt. Die größte Oppositionspartei CHP erreichte das Ergebnis vom Juni, während die beiden anderen Oppositionsparteien MHP und HDP Verluste verzeichneten. Sie verloren jeweils einen Teil ihrer Wählerschaft an die AKP, schafften jedoch den Sprung über die Zehnprozenthürde.

Donnerstag, 19. November 2015

Die Pistole an der Schläfe

Journalismus in der Türkei ist vor allem für Linke riskant. Seit einiger Zeit aber auch für Kreise, die zuvor das Geschäft der AKP-Regierung betrieben
Aus: »junge Welt« vom 19.11.2015
Repressionen gegen Journalisten und Redaktionen in der Türkei sind derart alltäglich, dass Meldungen über Razzien bei regierungskritischen Medien – wie etwa vor einer Woche – kaum noch Skandalwert haben. Betroffen waren diesmal Redaktionsräume der Zeitung Zaman, ihrer englischsprachigen Ausgabe Today's Zaman und der zur selben Gruppe gehörenden Zeitschrift Aksiyon, die noch nicht lange zu den »üblichen Verdächtigen« zählen.

Montag, 2. November 2015

Angst hat gesiegt – AKP weiter an der Macht

Parlamentswahlen in der Türkei – Eine Wahlnachtanalyse
Die Parlamentswahlen vom gestrigen Sonntag haben alle Beobachter*innen überrascht. Erdoğans Angst- und Eskalationsstrategie ging auf: Die Wahlergebnisse vom 7. Juni 2015 wurden zugunsten der AKP »korrigiert«. Am 1. November 2015 holte die AKP (Partei der Gerechtigkeit und Hoffnung) ihre Parlamentsmehrheit zurück. CHP (Republikanische Volkspartei) konnte ihre Position nicht ausbauen und bleibt die größte Oppositionspartei. Die HDP (Demokratische Partei der Völker) wurde trotz Verluste die drittstärkste Kraft im Parlament und konnte die hohe Wahlhürde wieder überwinden. Die neofaschistische MHP (Partei der nationalistischen Bewegung) ist schwer angeschlagen und bleibt die größte Wahlverliererin.

Mittwoch, 28. Oktober 2015

Rojava zwischen den Fronten

Von Errol Babacan und Murat Çakır 
Die Organisation Amnesty International erhebt den Vorwurf schwerer Kriegsverbrechen gegenüber der Autonomieverwaltung in Rojava. Die USA und ihre Verbündeten im Syrien-Krieg werden aufgefordert, Konsequenzen zu ergreifen. Der Vorwurf kommt zu einem Zeitpunkt, in dem die Konfrontation zwischen den regionalen und globalen Kräften auf syrischem Territorium eine weitere Wende erfahren hat, die Rojava zu grundlegenden Entscheidungen nötigen könnte.

Donnerstag, 8. Oktober 2015

Türkischer Nationalismus: Das letzte Rettungsanker für den politischen Islam?

Es bewahrheitet sich wieder: »Nationalstaat« und »Nationalismus« sind an sich »leere Hülsen, in die jede historische Epoche und die Klassenverhältnisse in jedem Lande ihren besonderen materiellen Inhalt gießen« (Rosa Luxemburg). Und es zeigt sich, wie jedes Mal: wenn herrschende Klassen aus reinen Machterhaltungsinteressen ein nationalistisches Fanal entfachen, diesen immer blutige Begleiterscheinungen wie Pogrome, Kriege, Hass und Zerstörungen folgen und die Leidtragenden immer beherrschte Klassen jeglicher Herkunft werden.

Montag, 24. August 2015

Die türkische Vielfachkrise

... und das gefährliche Spiel mit der Eskalationsschraube
Im Heft 7/8 2015 der Zeitschrift Sozialismus hatten wir festgestellt, dass die Parlamentswahlen von Anfang Juni in der 13-jährigen AKP-Ära eine Zäsur darstellen. Die AKP-Regierung wurde abgewählt. Alles deutete auf eine Koalitionsregierung hin. Wochen später, nach der Konstituierung des neuen Parlaments gab Staatspräsident Erdoğan dem amtierenden Ministerpräsidenten Davutoğlu am 9. Juli den Auftrag, die 63. Regierung der Türkei zu bilden. Seit dem regiert das Davutoğlu-Kabinett das Land kommissarisch. Da inzwischen die Koalitionsgespräche mit der CHP und der neofaschistischen MHP scheiterten und die verfassungsgemäße Frist zur Regierungsbildung am 23. August endet, droht eine Neuwahl.

Sonntag, 7. Juni 2015

Erdoğan verliert, HDP gewinnt

Parlamentswahlen in der Türkei – Eine Wahlnachtanalyse
Die Türkei hat gewählt. Diese Parlamentswahlen stellen in der 13-jährigen AKP-Ära eine eindeutige Zäsur dar. Jetzt steht es fest: in der Türkei wird nichts mehr so sein, wie es bisher war. Das zeigte sich schon während der Wahlkampfphase. Die Entscheidung des Linksbündnisses HDP (Demokratische Partei der Völker) anstatt mit unabhängigen Kandidat_innen erstmals als Partei an diesen Wahlen teilzunehmen und gleichzeitig das Bestreben des Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdoğans, diese Wahlen quasi zu einem Referendum für sein autoritäres Präsidialsystem umzuwandeln, hat diese Wahl zu einem Schicksalswahl gemacht.

Freitag, 8. Mai 2015

Aufruf an türkeistämmige Wähler_innen in der Bundesrepublik Deutschland:

Unterstützen Sie die HDP!
Für Demokratie, Frieden und soziale Gerechtigkeit in der Türkei

Am 7. Juni 2015 finden in der Türkei unter den Bedingungen einer zutiefst undemokratischen Verfassung und einer repressiven Politik die Parlamentswahlen statt. Die Sperrklausel beträgt 10 Prozent, die Chancen in den Medien zu werben sind extrem ungleich verteilt, die Möglichkeiten, gegen die Regierung zu protestieren, sind durch das verschärfte Polizeigesetz  enorm eingeschränkt.  Die regierende AKP, die die Justiz und die Medien unter ihre Kontrolle gebracht hat, strebt eine 3/5-Mehrheit an, um das faktisch bereits betriebene Präsidialsystem als eine Ein-Mann-Diktatur von Erdogan durchzusetzen. 13 Regierungsjahre der AKP sind in einem autoritären Neoliberalismus und in der Islamisierung der Gesellschaft und der staatlichen Bürokratie gemündet: Inzwischen werden zusammen mit der parlamentarischen Demokratie auch die staatsbürgerlichen Rechte – insbesondere Frauen- und Arbeiterrechte – offen zur Disposition gestellt.

Samstag, 28. Februar 2015

Autoritärer Neoliberalismus und Islamisierung - Die „Neue Türkei“ an einem Point of no Return?

Von Errol Babacan und Murat Çakır*

Angesichts der autoritären Entwicklung unter der AKP-Regierung wächst die Sorge, dass die Parlamentswahlen im Juni einen Point of no Returnmarkieren könnten. Während die etablierten Oppositionsparteien keine Alternative zum autoritären Neoliberalismus vorbringen, wird ein Bündnis linker Gruppen zunehmend als Notwendigkeit thematisiert.

Mittwoch, 14. Januar 2015

Der teutonische Hassbürger und die deutsche Außenpolitik

Eine polemisch-satirische Streitschrift über PEGIDA und andere Spinner
»Wutbürger« war in den letzten Jahren ein gern benutzter Begriff der bürgerlichen Medien. Ob sich in diesem Jahr der Begriff »Hassbürger« durchsetzen kann, wenn über die rassistischen Massendemonstrationen berichtet wird, scheint nicht sehr wahrscheinlich zu sein – Obwohl, Hassbürger könnte durchaus geeignet sein, die ach so patriotischen und besorgten Demonstranten zu beschreiben. Im Grunde genommen sind sie genau das, wie sie von Hannah Arendt als »das Volk in seiner Karikatur« bezeichnet wurden, nämlich: der Mob (ausgeliehen von Claus Leggewie, taz).